Ich lerne Isländisch, yeah! Hvað heitir þú? Talar þú íslensku? Nei? Þetta gerir ekkert til. Viltu læra íslensku með mér? Nichts verstanden? Dann das Ganze noch einmal auf Deutsch: Wie heißt du? Sprichst du Isländisch? Nein? Das macht nichts. Willst du mit mir Isländisch lernen?
Was bringt Isländisch?
Zugegeben, Isländisch gehört vielleicht nicht zu den einfachen und begehrtesten Sprachen der Welt. Doch bei entsprechendem Interesse eröffnet Isländisch ganz besondere Einsichten, Erfahrungen und Möglichkeiten.
Wer Isländisch lernt, hat nicht nur die einzigartige Chance, Land und Leute besser kennenzulernen, sondern auch in die Sprach- und Denkwelt eines Inselvolkes einzutauchen, das seit der Jahrtausendwende immer mal wieder für international beachtete Überraschungen, Ausnahmeerscheinungen und Schlagzeilen sorgt(e). Anstatt hier viele Stichworte aus Politik, Finanzwelt oder Gesellschaft zu bemühen, sei hier nur auf die diesjährige Fußball-Europameisterschaft verwiesen. Mit Teamgeist, leidenschaftlichem Kampf, überraschenden Erfolgen und natürlich ritualisiertem »Huh«-Gejubel spielte sich die isländische Nationalauswahl in die Herzen ihrer Fans. Auch für mich war sie bei diesem kommerziellen Spektakel der Sympathieträger schlechthin.
Aber das ist noch nicht alles. Wer Isländisch spricht, kann nämlich ebenfalls recht problemlos die alt(west)nordischen Sagas im Original lesen. Zum Beispiel die Ragnars saga loðbrókar, die Erzählung vom legendenumwobenen Wikingerfürsten Ragnar Lodbrok, der im neunten Jahrhundert gelebt haben soll. Ihm verdankt der verwegene Held aus der populären Fernsehserie Vikings übrigens seinen Namen.
Solche mittelalterlichen Überlieferungen soll man deshalb gut verstehen können, weil sich die heutige Sprache vom Altwestnordischen aus der Wikingerzeit in punkto Formenlehre nur sehr wenig unterscheidet – im Unterschied etwa zu anderen nordischen Sprachen. Diese Lesekompetenz ist ein zentraler Schritt im aufwändigen Prozess, den vielschichtigen Stoff inhaltlich zu durchdringen.
Wieso ausgerechnet Isländisch?
Bekanntlich arbeite ich schon ein paar Monate an einem Forschungsprojekt über staatliches Geld, politische Macht und Reforminitiativen in Island. Im Hinblick darauf möchte ich selbstverständlich wichtige Originaldokumente auswerten und zitieren können. Dazu zählen auch ausgewählte Nachrichten und Reden. Für Experteninterviews, die einen Teil meiner grundlegenden Material- und Informationsbeschaffung darstellen, ist das nicht zwingend erforderlich, weil sie oftmals gut in Englisch durchgeführt werden können.
Mittlerweile kenne ich zwar schon einige Fachbegriffe und kann mich auf einschlägigen Webangeboten öffentlicher Einrichtungen oder Medien orientieren. Mit Hilfe von Wörterbüchern gelingt es mir ebenfalls, grob zu paraphrasieren, worum es in dem einen oder anderen Dokument geht. All das reicht jedoch nicht und ist auf Dauer unbefriedigend.
Weil lange Zeit genügend wichtigere Arbeit im Vordergrund stand, ging es mit dem Lernen der Sprache bestenfalls rudimentär voran. Ab jetzt möchte ich aber versuchen, regelmäßig und systematisch zu lernen. Die digitalen Wörterbücher liegen vor, das Einsteigerbuch ist endlich da. Die ersten Lektionen des Online-Sprachkurses der Universität von Island durfte ich schon grün markieren – als anspornendes Zeichen ihrer erfolgreichen Absolvierung.
Erschien zuerst am 22.11.2016 in meinem Forschungsblog.